Nationalsozialismus und Homosexualität, sind ja eigentlich das selbe, oder?

Zumindest ist das die Ansicht von Prof. Dr. Andreas Laun, seines Zeichens Weihbischof in Salzburg und Professor an der kirchlichen Hoschule Heiligen Kreuz – im Bereich Moraltheologie. Schon Ende 2014 hielt der über 70-Jährige einen Vortrag im Kloster Mariawald, welcher es in der Tat in sich hatte. Er fordert darin zu mehr Widerstand auf gegen die unmenschlichen Taten von – nein nicht Nazis, Islamisten, Fundamentalisten, Kapitalisten, Extremisten, all das nicht, sondern von Homosexuellen.

Via Facebook bin ich heute darauf aufmerksam geworden und finde – das kann man nicht so stehen lassen. Daher, möchte ich – ganz seiner Aufforderung folgend nicht zu schweigen, wenn Unrecht geschieht – eben dieses ablegen und mich gegenüber Herrn Prof. Laun einmal in Form eines offenen Briefes aussprechen.

„Sehr geehrter Herr Prof. Laun,

ich habe heute die Widergabe Ihres Vortrags in der Abtei Mariawald, vom 19.11.2014 gelesen und bezugnehmend auf Ihre Forderung nicht zu schweigen, wenn Unrecht geschieht, möchte ich mich also dazu äußern. Dabei beziehe ich mich auf die Veröffentlichung ihres Vortrags – in indirekter Rede – auf der Internetseite der Abtei.

Sie sprechen zu Beginn von einem Manipulationsversuch, der bisher beispiellos in der Geschichte sei und der darauf abziele die natürliche Ordnung aufzuheben. Dabei stellen Sie die Behauptung auf, dass Gleichberechtigungsbestrebungen von z.B. Homosexuellen im Grunde die Fortführung kommunistischer Ziele wären. Sie nennen dabei explizit:

– Herrschaft über die Kinder

– Abschaffung von sexualethischen Normen und Abtreibung als Menschenrecht

– Kampf gegen die Kirche

Gerade mit Bezug auf Ihren abschließenden Vergleich der Genderbewegung und des Nationalsozialismus, ist es seltsam, dass Sie hier den Kommunismus, nicht aber den Nationalsozialismus erwähnen. Bedenkt man, dass auch die Kirche schon in frühem Alter mit dem Unterricht von Kindern beginnt, könnte man vermuten, dass es auch ihr um die „Herrschaft“ über diese ginge.

Ihre Behauptung, dass sexuelle Vielfalt geradezu vorgeschrieben ist und nicht die Freiheit existiert, diese für sich abzulehnen, ist eher hohl und wenig untermauert. Gerne zitieren Sie auch Gewaltsprache – vergleichen Menschenrechtler, die für gleiche Rechte unabhängig der Sexualität eintreten, von Kriegern, Mördern, werfen Ihnen vor, andere zu erwürgen. Tatsächlich ist mir nicht ein Fall bekannt – aber da lasse ich mich gerne eines besseren belehren – in dem Heterosexualität verfolgt oder gar mit dem Tode bedroht wurde. Ihre Bilder entbehren daher jeder Grundlage und verhöhnen auf abscheuliche Art und Weise die tatsächlich stattfindende Verfolgung von Homosexuellen und Menschen mit anderen Ausprägungen von Sexualität in der Gegenwart und Vergangenheit, nicht zuletzt durch den Nationalsozialismus.

Beispielsweise werfen Sie vor, dass es Universitäten gebe, die Arbeiten nicht akzeptieren, wenn sie nicht in „Gendersprache“ geschrieben sind. Auch wenn mir nicht gänzlich klar ist, was dies sein soll – aber ich habe eine Vermutung – ist es doch für jeden Studenten möglich sich nach den Prüfungsordnungen zu erkundigen und ggf. die Universität zu wechseln. Selbstverständlich gibt es also eine entsprechende Freiheit. Man kann auch nicht in jeder Universität eine Arbeit zwangsläufig in Französisch abgeben.

Als weiteres Beispiel, nennen Sie die drohende Entlassung von Ärzten wenn Sie Homosexualität „behandeln“ wollen. Der Grund ist aber keine finstere Verschwörung, sondern eine zweifelhafte Seriosität solcher Menschen. Homosexualität ist keine Krankheit – es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass sie eine wäre. Sie ist auch nicht „unnatürlich“, wie Sie es uns zu glauben machen wollen. Sondern eine Form der Sexualität, die im gesamten Tierreich ebenfalls auftritt. Eine „Behandlung“ von Homosexualität durch einen Arzt ist nichts anderes al Scharlatanerie und muss zwangsläufig schadvoll für den Betroffenen sein. Es entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Ein Arzt, der aber wissenschaftliche Prinzipien missachtet ist nicht tragbar.

Seltsam auch Ihre Gleichsetzung der freien Auslebung von Sexualität und Ihren Orientierungen und Abtreibung. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun und betrifft völlig verschiedene Bereiche des menschlichen Daseins. Es ist eine Frage wan Leben beginnt und wann es geschützt werden muss und eine andere, wie Sexualität gelebt werden kann. Gerade im Fall von homsexueller Sexualität kann es zwangsläufig nicht zu einer Abtreibung kommen, also deutet diese Vermischung auf eine starke Paranoia Ihrerseits hin.

Sie behaupten, dass Kinder durch Konfrontation mit Sexualität jeglicher Ausprägung desorientiert werden. Tatsächlich gibt es keine wissenschaftlichen Studien, die dies belegen. So können Sie beispielsweise das Gegenteil im Handbuch Kinderwelten. Vielfalt als Chance – Grundlagen einer vorurteilsbewussten Bildung und Erziehung (Freiburg, Basel, Wien, Herder 2008, Petra Wagner) nachlesen:

„Expertinnen und Experten aus dem angloamerikanischen Raum attestieren den Kindern von lesbischen und schwulen Eltern eine bemerkenswerte psychische Stärke (Stacey/ Biblarz 2001). So zeigt eine Studie (Patterson 1994), dass die Kinder von lesbischen Müttern zwar höherem sozialen Stress (Hänseleien etc.) ausgesetzt sind als Kinder einer Vergleichsgruppe, zuhause aber offensichtlich so gestärkt werden, dass sie diesem adäquat begegnen und über eine größere allgemeine Zufriedenheit verfügen als die Kinder der Vergleichsgruppe“.

Tatsächlich sind die Kinder zufriedener. Ihr Vorwurf der Desorientierung dürfte auch deswegen schon nicht haltbar sein, da den Kindern ja gerade von Anfang an alle Facetten der menschlichen Sexualität dargelegt werden und sie damit erst eine Orientierung bekommen anstatt mit bestimmten Bereichen von Sexualität alleinegelassen zu werden. Worauf fußt Ihre Behauptung der Desorientierung, welche wissenschaftlichen Studien können Sie dazu vorlegen? Da Sie ja über einen Doktorgrad verfügen, sollten Ihnen die Grundlagen wissenschaftlicher Arbeitsweise und Argumentation ja vertraut sein.

Ebenso befremdlich ist Ihr Vorwurf, dass man sich vom Religionsunterricht befreien lassen kann, vom Sexualkundeunterricht jedoch nicht. Dabei unterschlagen Sie, dass Religion ein Bekenntnis, eine Entscheidung, ist. Sexualität aber nicht. Sexualität ist naturgegeben und kein Bekenntnis. Genausowenig wie es richtig wäre, Kinder vom Physikunterricht fernzuhalten, wäre dies beim Sexualkundeunterricht so. Es ist wichtig, dass Menschen ein klares und möglichst vollständiges Weltbild haben, um Lebensentscheidungen treffen zu können und mündig zu sein. Aufklärung über menschliche Sexualität gehört dazu, denn sie ist Teil jedes Menschseins.

Zum Ende möchte ich aber noch meine Bestürzung über Ihren abschließenden Vergleich von Homosexuellen und dem Nationalsozialismus ausdrücken. Gerade dieser Vergleich entlarvt Ihre Motivation: Paranoia und Menschenverachtung. Ihre Behauptung es würde ein Krieg geführt von „Kriegern“, ist durch nichts zu belegen. Niemand wird mit dem Tode bedroht, weil er sich gegen Homosexualität entscheidet. Anders herum ist dies aber der Fall. Gerade auch im Nationalsoziualimus, welcher unter anderem Homosexuelle zu hundertausenden verfolgt und zu tausenden ermordet hat (siehe dazu die Forschung von Rüdiger Lautmann). Eine solche menschenverachtende Ideologie und Mordmaschine mit Homosexualität gleichzusetzen, betont welch unmenschliches Verständnis von Ethik und Moral Sie haben und macht Sie für eine Mitarbeit im Bereich Moraltheologie ungeeignet. Mit Ihren Vergleichen verhöhnen Sie alle Opfer des Nationalsozialismus und stellen sich in moralisch fragwürdiger Weise auf eine Stufe mit Widerständlern gegen Unterdrückung und Menschenverachtung, obwohl Sie lediglich eine andere Meinung zu Sexualität haben als andere. Dies ist Hohn und den Opfern des Nationalsozialismus unwürdig, geradezu beschämend und eklatant entlarvend, dass Sie starke Defizite bei der Erkennung von Richtig und Falsch haben, bzw. angemessener Beurteilung von Recht und Menschenrechten.

Ich denke Sie haben sich damit als ungeeignet erwiesen junge Menschen zum Thema Moral zu unterrichten und sollten daher Ihre Gastprofessur niederlegen. Außerdem sollten Sie sich öffentlich für Ihren unangebrachten Vergleich und der Verhöhnung der Opfer des Nationalsozialismus entschuldigen.“

Nun, mal sehen, ob ich eine Antwort bekomme – ich denke nicht. Aber zu manchen Dingen sollte man nicht schweigen.

1 Kommentar zu „Nationalsozialismus und Homosexualität, sind ja eigentlich das selbe, oder?

  1. Gerhard Maiwald 29/01/2015 — 13:52

    Lieber Volker, zu solchen Dingen darf man nicht schweigen. Immer wieder wird versucht, von allen Seiten, die Menschen einzuteilen und damit zu teilen, aber wir alle müssen uns mühen, sie zusammen zu halten, wie Du in Deinem vorangegangenem Artikel so treffend geschrieben hast.
    Je ne suis pas Charlie. Je suis homme. Vorgestern waren Heinrich und
    Helgard W..ten hier, wohl zum Abschiednehmen, es war traurig und bewegend, ich kenne beide seit 1952. Heinrich würde gerne Deine Artikel lesen, ist aber nicht bei Facebook. Dein Vater hat aber die Email-Adresse von Heinrich, sei so lieb und versorge ihn mit Deiner Gedankenwelt. Werner hat mir dieser Tage erzählt, dass Du in Deiner Beziehung jetzt glücklich seist, bleib das, mein Volker, es ist so wichtig.
    Herzlich Dein Onkel Gerhard

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